Eine aktuelle wissenschaftliche Studie des Illinois Institute of Technology, Chicago, hat die Emission potenziell gesundheitsschädlicher Stoffe bei Desktop 3D-Drucker untersucht. Die Ergebnisse sind ernst zu nehmen und zeigen, dass Filament gesundheitsschädlich sein kann. Etwas Entwarnung kann jedoch auch gegeben werden. PLA-Filament sticht in den Versuchen postiv heraus. Die Autoren weißen jedoch darauf hin, dass es bisher noch keine bzw. zu wenige wissenschaftliche Untersuchungen über die konkreten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit dazu gibt.
Inhalt
Studie zur Emission ultrafeiner Partikel (UFP) und flüchtiger organischer Verbindungen (VOC)
Es gibt zwar schon ein paar wenige Studien, die sich mit der Emission von Gasen und Partikeln bei FFF/ FDM 3D-Druckern befassen, jedoch gibt es noch immer große Lücken hierzu. Beispielsweise wurden bisher nur wenige einzelne Drucker getestet. Noch schlechter sieht es bei den getesteten Materialien aus. Hier wurde der Fokus meistens auf PLA und ABS gesetzt.
Diese Wissenlücke wollte die Studie “Emissions of Ultrafine Particles and Volatile Organic Compounds from Commercially Available Desktop Three-Dimensional Printers with Multiple Filaments” (zu deutsch: Emissionen ultrafeiner Partikel und flüchtiger organischer Verbindungen von im Handel erhältlicher 3D-Drucker mit mehreren Filamenten) etwas schließen.
Versuchsaufbau
In der Studie wurden insgesamt fünf gängige FFF/ FDM 3D-Drucker mit bis zu neun verschiedenen Filamentmaterialien getestet. Daraus wurden 16 unterschiedliche Drucker-Filament-Kombinationen zusammengestellt. Für die Testreihen wurde immer dasselbe standardisierte Druckobjekt mit den Maßen 10 x 10 x 1 cm gedruckt.
Die Drucker waren während der Versuchsreihe in einer Kammer aus Edelstahl aufgestellt. Der Computer befand sich außerhalb dieser Kammer. Die Messungen zur Emission wurden über ein Rohr hin zu einer Abzughshaube gemacht.
getestete FFF/ FDM 3D-Drucker:
- FlashForge Creator
- Dremel 3D Idea Builder
- XYZprinting da Vinci 1.0
- LulzBot Mini
- MakerBot Replicator 2X
getestetes Filament – Material und Farbe:
Ergebnisse der Studie
Emission ultrafeiner Partikel (UFP)
Die Studie kam zum Ergebnis, dass die Emission von ultrafeinen Partikeln unabhängig vom Material vor allem zeitabhängig ist.
So stieg die UFP-Konzentration direkt nach Druckbeginn rasch an und hielt sich für die ersten 10-20min auf diesem Level, bevor sie auf ein niedrigeres, aber immer noch beachtliches Level sank. Bei einigen Drucker-Filament-Kombinationen stieg die UFP-Konzentration gegen Ende des Drucks nochmals an.
Die Ergebnisse zeigen, dass die UFP-Emission vor allem durch folgende Kriterien beeinflusst werden:
- verwendeter 3D-Drucker
- Typ des Filamentmaterials
- Temperatur der Düse und des Druckbetts
- Druckzeit
Die geringsten UFP-Emissionsraten wurden bei den Druckern gemessen, welche PLA druckten (~108 min-1). Die höchsten Emissionsraten hingegen wurde bei ABS-Filamenten gemessen (~2 * 1010 bis ~9 * 1010 min-1).
Interessant war, dass das Vorhandensein eines Gehäuses nur eine geringe Reduzierung der UFP-Emissionsrate bewirkt. Dies könnte vielleicht daran liegen, dass die Hersteller die Gehäuse nicht komplett luftdicht verschließen.
Emission flüchtiger organischer Verbindungen (VOC – volatile organic compounds)
Bei der Identifizierung und Messung der VOCs, also der flüchtigen organischen Verbindungen, kam die Studie zu zwei wichtigen Erkenntnissen:
- Das Filament ist verantwortlich für die meisten Unterschiede in der Art der emittierten VOCs.
- Die 3D-Drucker hingegen sind verantwortlich für die größten Unterschiede in der Gesamtmasse der mit demselben Filament emittierten VOCs.
Die VOC-Emissionsraten reichten bei den Drucker-Filament-Kombinationen von ~3 µg/min bei PC-Filament bis zu fast 200 µg/min bei Nylon- bzw. PA-Filament (beide mit dem LulzBot gedruckt).
Bei allen sechs ABS-Drucker-Kombinationen sowie bei HiPS war das z.T. mit Abstand markanteste VOC Styrol (Emissionsraten zwischen ~12 und ~113 µg/min).
Bei Nylon/ PA, PCTPE, Laybrick sowie Laywood war das am meisten emittierte VOC Caprolactam (Emissionsraten bis zu ~180 µg/min). Auch bei PC und T-Glase wurde Caprolactam freigesetzt, wenn auch in viel geringeren Mengen.
Bei PLA war das markanteste VOC Lactide. Jedoch in vergleichsweise sehr geringen Mengen mit Emissionsraten von ~4 bis zu ~5 µg/min.
Einfluss der Temperatur der Druckdüse sowie des Druckbetts
Für den Einfluss der Drucktemperatur wurden drei Gruppen für die Betttemperatur festgelegt:
- weniger als 45°C
- 60-65°C
- 100-110°C
Außerdem wurde die Drucktemperatur von 190°C bis zu 270°C variert.
Ergebnisse waren, dass die Temperatur der Druckdüse keinen großen Einfluss auf die UFP-Emissionsrate hat, wenn die Temperatur des Druckbetts im unteren oder oberen Bereich liegt. Jedoch war dies anders, wenn mit einer mittleren Betttemperatur gedruckt wurde. Hier waren die UFP-Emissionsraten vor allem dann höher, wenn auch die Drucktemperatur höher gewählt wurde.
Mehr Einfluss auf die UFP-Emissionsrate hat die Druckbetttemperatur alleine. Bei den meisten Drucker-Filament-Kombinationen wurden die höchsten Emissionsraten bei der jeweils höchsten Betttemperatur gemessen. Entsprechend die niedrigsten bei der geringsten Betttemperatur.
Bei den VOC-Emissionsraten konnten die Wissenschaftler keinen offensichtlichen Zusammenhang mit der Temperatur der Druckdüse und des Druckbetts feststellen. Die Autoren weißen jedoch darauf hin, dass eine größere Anzahl an Drucker-Filament-Kombinationen zu anderen Ergebnissen kommen könnten.
Empfehlungen der Studie
Die Autoren der Studie geben folgende Empfehlungen:
- Weitere Messungen müssen durchgeführt werden
- Entwicklung besserer Produkte und Technologien
- Filamenthersteller müssen Filamente entwickeln, die nur wenige UFPs und wenige VOCs emittieren.
- Hersteller von 3D-Druckern sollten ihre Technologie dahingegen verbessern, dass weniger Emissionen entstehen. Beispielsweise mit Hilfe von luftdicht verschlossenen Gehäusen sowie Filtern, die Gase und ultrafeine Partikel filtrieren.
- Die wichtigste Empfehlung: Vorsicht ist geboten!
- Vor allem beim Drucken von ABS und Nylon/PA muss auf eine gute Lüftüng des Raums geachtet werden. Im besten Fall sollte ein Gas- und Partikelfilter verwendet werden.
- Aber auch bei anderen Drucker-Filament-Kombinationen sollte der Raum durchgehend mit Frischluft versorgt werden.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Frage – ist Filament gesundheitsschädlich? – definitiv mit Ja zu beantworten ist. Jedoch weisen die Autoren auch darauf hin, dass zu den Auswirkungen der UFP- und VOC-Emissionen auf die menschliche Gesundheit noch zu wenige Aussagen getroffen werden können. Dennoch gibt es einige ernst zu nehmende Fakten.
Styrol
So stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research on Cancer, IARC) bspw. das VOC Styrol mittlerweile als “wahrscheinlich karzinogen (2A)”, also krebserregend ein.
Hohe Styrol-Konzentrationen sollten also unbedingt vermieden werden. Aber auch schon eine geringe Styrol-Konzentration von >2 µg/m3 gilt als potenziell gesundheitsschädlich. Sie wird mit einem erhöhten Risiko für Lungeninfektionen bei Säuglingen in Verbindung gebracht.
Caprolactam
Caprolactam stuft die IARC zwar als “wahrscheinlich nicht karzinogen (4)” ein, aber die Kalifornische Behörde für Gesundheit und Umwelt (California Office of Environmental Health Hazard Assessment, OEHHA) legt hierzu gewisse Grenzwerte (RELs – reference exposure levels) fest.
- 1h Exposition | 50 μg/m3
- gefährdete Körperpartien: Augen
- 8h Exposition | 7 μg/m3
- gefährdete Körperpartien: obere Atemwege
- stänige Exposition | 2,2 μg/m3
- gefährdete Körperpartien: obere Atemwege
Die US-Bundesbehörde des amerikanischen Gesundheitsministeriums Centers for Disease Control and Prevention weißt außerdem darauf hin, dass eine hohe Konzentration von Caprolactam Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem haben kann.
Lactide
Bei den Lactiden, die beim Drucken von PLA freigesetzt werden, kann bisher Entwarnung gegeben werden. Es gibt hierzu aber noch keine aussagekräftigen Studien. Bis das Gegenteil nicht bewiesen ist, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Lactide keine akute Giftigkeit auf den menschlichen Körper besitzt.
Ultrafeine Partikel können sich im Körper ablagern
Die emittierten Partikel beim FDM/ FFF 3D-Druck besitzen eine Größe von weniger als 100 nm (100 Nanometer = 0,000 001 mm, also 1 Millionstel Millimeter). Diese können über die Haut, Schleimhäute und vor allem über die Atemwege aufgenommen werden. Dabei kann sich der Ultrafeinstaub theoretisch überall im Körper anlagern.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO gibt an, dass UFPs ihren Anteil an Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz, Lungenkrebs u.a. besitzen.
Wird die Konzentration von UFP zu hoch, muss man also auch hier davon sprechen, dass Filament gesundheitsschädliche Wirkungen haben kann.
Filament muss richtig behandelt werden!
Leider besitzen die gängigen 3D Drucker für Privatanwender keine geschlossenen Arbeitsräume mit Abzug samt Filter. So wären die Risiken entschärft.
Die signifikante Aerosole können nicht völlig verhindert werden. Sie entstehen bei jedem Druckvorgang, welcher auf das Schmelzschichtverfahren beruht. Wer schonmal direkt am 3D Drucker gestanden hat, während er druckt, der kann die entstehenden Gase sogar im Geruch nachvollziehen – besonders bei ABS.
Wer jedoch auf einige Dinge achtet, der muss nicht befürchten, unmittelbar gesundheitsgefährdent zu sein:
- Filament von vertrauenswürdigen Quellen beziehen – z.B. von Filamentherstellern aus Deutschland
- immer für ausreichend Belüftung sorgen
- den 3D-Drucker ggf. in einen gesonderten Raum stellen (hat auch den Vorteil, dass man sich mehr bewegt und was für seine Gesundheit tut)
- nicht über die max. Extrusionstemperatur gehen (thermoplastischer Kunststoff, ein Kunststoff für 3D-Drucker Filament zersetzt sich sofort und es entstehen toxische Dämpfe)
- im besten Falle ein geschlossenes Gehäuse + Filtersystem nutzen
- Filter direkt an der Düse installieren – Zimpure
- PLA-Filament ist grundsätzlich nicht so gesundheitsgefährdend wie ABS und andere Filamentmaterialien
Fazit: Ist Filament gesundheitsschädlich?
Die Antwort lautet: Ja, aber… Wer Filament richtig behandelt, braucht keine Bedenken zu haben. Die ultrafeinen Partikel sind jedoch noch nicht weitläufig erforscht. Durch das nicht Beachten der genannten Hinweise könnte man sehr wohl seine Gesundheit auf´s Spiel setzen.
Das wollt Ihr nicht und wir natürlich auch nicht. Deshalb geben wir Euch immer wieder Tipps, wie Ihr richtig mit Filament umgeht. So erhaltet Ihr auch immer optimale Druckergebnisse. Mehr erfahrt Ihr auf unserer Seite zum Filamentvergleich.
Viel Spaß beim Drucken und wie immer im Leben, spielt nie mit Eurer Gesundheit. Sie ist das wichtigste, was Ihr habt!
Michael Janssen meint
Guten Tag,
Wo gibt es denn Abzüge für 3D Drucker zu kaufen. Benötigt man spezielle Filter, welche diese Nanopartikel aus der Luft filtern?
Vielen Dank und freundliche Grüsse
Michael Janssen
Peter König meint
Meine Erfahrung mit PA (Polyamid)
Ich habe während eines Abends (Dauer ca. 3h) PA mit 250°C gedruckt. Um Mitternacht kommt mein Hund hächelnd und zitternd unter dem Bett hervor. Er war noch nie unter dem Bett. Er hat auch keine Gutelis genommen. Ich habe mit ihm einen kleinen Spaziergang im Freien gemacht. Kaum im Freien hat er aufgehört zu zittern und zu hächeln. Danach wollte er nicht mehr ins Haus. Ic h trug ihn ins Haus. Nach 5min. fing das Zittern wieder an. Wir machten einen grösseren Spaziergang und hielten uns danach für 30 min. im Auto auf. Da war kein Zittern etc. mehr(es war unterdessen 2 Uhr morgens) . Danach wollte er wiederum nicht mehr ins Haus zurück. Wir haben das ganze Haus gut durchgelüftet. Das eigenartige Verhalten hat mich am Morgen dazu veranlasst den Tierarzt aufzusuchen. Das Blut-Labor zeigte erhöhte Leberwerte. Den ganzen Tag wurde er an die Infusion gehängt. Laut TA kann eine Vergiftung nicht ausgeschlossen werden. Am Folgetag wurde erneut ein Labor gemacht und noch höhere Leberwerte festgestellt. Der Hund ist 17 Monate alt und wiegt 6.5 kg. Er war kerngesund. Für den TA sind die hohen Leberwerte bei einem so jungen Hund nicht erklärbar. Z.Z ist der Hund noch unter Medikamenten und unter Beobachtung. Manchmal kann ich Ihn durch Rufen dazu bewegen ins Haus freiwillig ins Haus zu kommen. Das Zittern ist weg.
Seither getraue ich mich nicht mehr PA zu drucken. Druckergehäuse mit Absaugung ist vorgesehen.
Zwischen dem Verhalten des Hundes und dem Drucken von PA sehe der TA und ich Zusammenhänge, können aber nichts beweisen.
Freundliche Grüsse
Peter König
merti meint
Hi Stefan, der Blog Eintrag ist zwar schon etwas älter aber eventuell kannst du mir trotzdem noch weiterhelfen.
Wir drucken zwar nur mit einem 3D Stift aber ich habe bei den chinesischen PLA Filamenten auch etwas Bedenken über die Inhaltsstoffe.
Auf der Suche nach einem deutschen Hersteller bin ich nur auf Das Filament gestoßen. Die meisten anderen Shops schreiben nichts zur Herkunft ihrer Filamente.
Gibt es noch weitere Hersteller aus Deutschland, bei denen keine unbekannten oder giftigen Stoffe verwendet werden?
Otto meint
Habe gerade 6h neben einem PLA druckenden Drucker gesessen. Habe Kopfschmerzen bekommen. Filament aus Deuschland. Soviel zu “nur deutsch ist gut“! Am öftesten wurde ich bisher von deutchen Händlern – nennen wir es mal enttäuscht, das Wort mit besch. möchte ich nicht verwenden.
Stefan meint
Hallo Otto,
es ist natürlich nicht schön, wenn sich solche Symptome bemerkbar machen. Jedoch ist bei egal welchem Filamentmaterial immer Vorsicht geboten – auch bei PLA! Die Gründe habe ich ja oben ausführlich beschrieben.
6h neben einem arbeitenden 3D-Drucker zu sitzen ist nicht wirklich empfehlenswert. Vielleicht hast Du die Möglichkeit, den Drucker in einen gesonderten Raum zu stellen.
Bist Du Dir sicher, dass das Filament in Deutschland hergestellt wurde? Nicht jeder Händler aus Deutschland produziert auch hier. Sehr viele sind Reseller, verkaufen also Filament aus EU- und Nicht-EU-Ländern. Einige beziehen ihr Material auch aus China. Wobei Du in Deinem Fall nicht nur den Hersteller kritisieren solltest. Versuche, schon aus Deinem eigenen Interesse heraus, mit mehr Vorsicht an die Sache zu gehen und beachte z.B. die Punkte unter “Filament muss richtig behandelt werden!”.
Viele Grüße,
Stefan
Dominik meint
Ich drucke ABS nun schon einige Jahre in unserem geschlossenen Schlafzimmer (Tür und Fenster zu, um Zugluft zu vermeiden). Überwache mit einer Funkkamera den Druck aus dem Nebenräumen. Ich gehe nur kurz rein, um nach dem Druck die Fenster aufzureißen.
Ich frage mich, ob das anschließende Durchlüften (mehrere Stunden) reicht, oder ob die ultrafeinen Partikel sich überall absetzen und noch Tage später ein Problem darstellen. Riechen tue ich nach dem intensiven Lüften jedenfalls nichts mehr.